Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Institut für Kunstgeschichte und Archäologien Europas
Prähistorische Archäologie und Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit

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Wüstung Schmeeßen

Seit 2005 finden auf Initiative des Kultur-Naturhistorischen Dreiländerbundes Weserbergland archäologische und geographische Untersuchungen im Bereich der im Wald gelegenen mittelalterlichen Dorfwüstung Schmeeßen bei Lauenförde am Solling statt. Förderung erfuhren wir u. a. seitens des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Robert-Bosch-Stiftung. Unter einer kaum erkennbaren leichten Erhebung konnte der rechteckige Grundriss einer 8,4 mal 15,9 m großen steinernen Turmkapelle der Zeit um 1200 freigelegt werden - einer ungewöhnlichen, aber regionaltypischen Bauform, welche die frühen Kämpfe um die Landesherrschaft und das wachsende Schutzbedürfnis der Landbevölkerung dokumentiert. Unerwartet fanden wir Spuren eines zugehörigen Friedhofes und einer neolithischen bis jungbronzezeitlichen Sepulchrallandschaft. Ebenfalls überraschend ist angesichts der Lage im Wald und Gebirge der Siedlungsbeginn im 8. Jh., der inzwischen aber für etliche nahe gelegene Orte festgestellt wurde. Weiterhin gibt der Umstand Rätsel auf, dass offenbar ein Besiedlungsschwerpunkt für das 8./9. Jh. festzustellen ist, sodann ein merkliches Ausdünnen oder ein weitgehender Abbruch und ein erneuter starker Ausbau seit etwa 1200. Zu diesen Problemkreisen sind allerdings noch weitere Recherchen nötig. Kirche und Siedlung wurden wahrscheinlich 1447 bei einem Truppendurchzug zerstört und danach aufgelassen. Die Ursachen für die Verödung haben jedoch tiefer liegende Ursachen, die wie bei der benachbarten Dorfwüstung Winnefeld und in Nienover im dramatischen Wandel des Siedlungs- und Wirtschaftsgefüges und den Krisen des späten Mittelalters zu suchen sind. Eine seit dem Frühmittelalter erschlossene, im 12./13. Jh. blühende weitläufige und an den Fernhandel angeschlossene Kulturlandschaft verödete und wurde zu Wald - bis heute.

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