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Institut für Kunstgeschichte und Archäologien Europas
Prähistorische Archäologie und Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit
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Die Kreisgrabenanlage von Goseck und ihr Umfeld
Ausgangspunkt der archäologischen Untersuchungen bei Goseck, Burgenlandkreis, ist die bereits Anfang der 1990er durch Otto Braasch bei Luftbildprospektionen entdeckte Kreisgrabenanlage auf einem Plateau oberhalb des Saaletales nordwestlich von Goseck.
Aus Sachsen-Anhalt war bis dahin als vergleichbarer Fundplatz lediglich die Anlage von Quenstedt mit fünf konzentrischen Palisadenringen bekannt. Anhand typologischer Vergleiche mit ähnlichen Anlagen in Mitteleuropa, konnte die Anlage von Goseck der Stichbandkeramik-Kultur zugeordnet werden. Aufgrund der Gefährdung durch die intensiven landwirtschaftlichen Tätigkeiten, entschloss sich das Institut zusammen mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt die Anlage in mehreren Kampagnen im Rahmen von Lehrgrabungen vollständig zu untersuchen.
Seit der vollständigen archäologischen Untersuchung der Kreisgrabenanlage hat sich das archäologische Interesse stärker auf das Umfeld verlagert, um Hinweise auf weitere zeitgleiche Befunde zu erlangen. Zusätzlich sollen die unterschiedlich positionierten Grabungsflächen Einblicke in die Dynamik der Kulturlandschaft in prähistorischer Zeit ermöglichen.
Projektleitung: Prof. F. Bertemes
Beteiligte Einrichtungen: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt; University of California Berkeley
Örtliche Grabungsleitung: P. Biehl (2002-2004); A Northe/O. Schröder (2004); A. Northe (2004-2013)
Die Grabungskampagnen
Kampagne 2013
Lehrgrabung Goseck 2013
2013 sollten unklare geophysikalische Anomalien archäologisch untersucht werden, die eventuell Pfostengruben eines bronze-/oder eisenzeitlichen Gebäudes zeigen und somit eine interessante Ergänzung der Besiedlungsgeschichte des Gebietes darstellen.
Auf der ca. 250m2 großen Fläche, knapp 50m östlich der Kreisgrabenanlage, konnte jedoch der Großteil der im Geophysikplan erkennbaren Befunde nicht nachgewiesen werden. Obwohl die Grabungsfläche lediglich auf 30cm Tiefe ausgebaggert wurde und anschließend in getrennten Quadranten in feinen, jeweils ca. 5cm starken Plana der restliche Mutterboden abgetragen wurde, konnten bis zum Erreichen einer darunterliegenden kompakten Schicht vor allem stark verrundeter Gerölle und Kiesel, die eventuell Teile einer eiszeitlichen Flussterrasse darstellen, keine Befunde sicher erkannt und abgegrenzt werden.
Insgesamt konnten im Planum knapp 30 Befunde dokumentiert werden, wovon ein Großteil in ihrer Tiefe nur bis knapp über die Geröllschicht, einige reichten auch in diese Schicht, die wenigsten jedoch durch diese Schicht hindurch. Der Hauptanteil der dokumentierten Befunde konnte lediglich über eine konsequente Einzelfundeinmessung bereits über der Geröllschicht erfasst werden.
Durch die geringe Tiefe der meisten Befunde wird deutlich, warum das sich im Geophysikplan abzeichnende Gebäude im Planum nicht erkannt und dokumentiert werden konnte: die vergesellschafteten Befunde (Pfostengruben) reichten nicht durch den Mutterboden und waren daher im Planum nicht sichtbar. Auch gezielte Sondagen im Bereich des Gebäudes zeigten in den Profilen an keiner Stelle Befunde, die durch oder in die Geröllterrasse reichten.
Ebenso ernüchternd stellte sich während der Grabung die zeitliche Ansprache der vergleichsweise wenigen Funde dar. Für die meisten keramischen Funde waren nur die Zuordnung als allgemein urgeschichtlich, neolithisch, bronze-/eisenzeitlich und neuzeitlich möglich, dabei ist der Hauptanteil der (Keramik-)Funde als neuzeitlich anzusprechen.
Interessanterweise konnten innerhalb des Keramikinventars trotz der geringen Entfernung zur Kreisgrabenanlage im Westen und früh- sowie mittelneolithischen Siedlungsbefunden im Südosten nur sehr wenige Funde als sicher mittelneolithisch und keine als sicher frühneolithisch angesprochen werden. Lediglich ein knappes Dutzend der Scherben gehört sicher in die Stichbandkeramik-Kultur. Von diesen Funden konnte ein Drittel einem Befund (Bef. 14) im äußersten Südosten der Grabungsfläche zugeordnet werden.
Dieser vor dem Hintergrund vergleichbarer Beobachtungen während der Grabung 2012 interessante Befund gab sich bereits beim Abbaggern der Fläche durch das Anschneiden eines menschlichen Schädels zu erkennen. Während des anschließenden Putzens traten noch weitere menschliche Knochen (Fragmente des Unterarms und ein Schlüsselbeinbruchstück) zu tage. Ähnlich wie bei dem Skelettmaterial, das während der Grabung 2012 dokumentiert werden konnte, waren auch hier in den anfänglichen Plana keine Befundgrenzen zu erkennen. Erst ca. 5cm unterhalb des Skelettmaterials waren – noch im Mutterboden – verschwommen die Grenzen einer ca. 1.5 x 1m großen ovalen bis abgerundet rechteckigen Gruber erkennbar, die im westlichen Teil offensichtlich von einem jüngeren Befund (Bef. 13) geschnitten wurde.
Beim weiteren kreuzschnittweise Tiefergehen konnte eine noch ca. 35cm tiefe wannenförmige Grube dokumentiert werden, die direkt über der Grubensohle eine bis ca. 10cm unter die Skelettreste reichende Deponierung aus fünf intakten Mahlsteinen enthielt. Bei den fünf Mahlsteinen handelt es sich um drei Unterlieger mit unterschiedlichen Abnutzungsgraden und zwei Läufer, die beide exakt auf jeweils einen der drei Unterlieger passen.
Die Lage der einzelnen Mahlsteine innerhalb der Grube und zueinander lassen deutlich eine intentionelle Niederlegung erkennen:
- kein Stein lag auf der Seite oder gekippt in der Grube,
- bis auf einen Unterlieger lagen alle Mahlstein mit der Arbeitsfläche nach unten,
- die drei Unterlieger umrandeten dabei die, aufgrund kleiner beobachtbarer Überlagerungen sicher zu erst niedergelegten, Läufer im Süden, Westen und Norden,
- alle Mahlsteine lagen mit der gleichen Ausrichtung in der Grube.
Die in der Grubenverfüllung enthaltenen stichbandkeramischen Fragmente gehören sowohl der mittleren als auch der späten Stichbandkeramik-Kultur an. Sie sind stark zerscherbt und tlw. stark verrundet.
Das zeitliche Verhältnis zur Kreisgrabenanlage ist jedoch nicht sicher zu beurteilen. Aufgrund der starken Verrundung der Scherben, die eher für sekundäre Verlagerungen spricht, scheint eine Zuordnung ans Ende der Nutzungszeit der Kreisgrabenanlage oder danach am wahrscheinlichsten.
Interessanterweise scheint der Befund jedoch einen mehr oder weniger deutlichen Bezug zur Kreisgrabenanlage zu besitzen. Die Grube befindet sich - abgesehen von einem 1.5m großen Versatz – auf der Sichtachse vom Mittelpunkt der Kreisgrabenanlage durch die nordöstlichen Unterbrechungen innerhalb der Palisaden. Auch die Orientierung der „Teilbestattung" besitzt offensichtlich eine Verbindung zur Kreisgrabenanlage: die Blickrichtung des Individuums zeigt genau auf die Kreisgrabenanalage und die nordöstlichen Unterbrechungen der Palisaden.
Auch wenn die Grube schon anhand der in ihr beobachtbaren Befunde eine profane Interpretation eher unwahrscheinlich macht, ist der beschriebene Bezug zur Kreisgrabenanlage auch als zufällig anzusehen. Der Vergleich mit den ähnlichen Befunde während der Grabung 2012 spricht jedoch ebenfalls gegen einen fehlenden Bezug: auch hier wurden mit dem Schädel und den Fragmenten einer oberen Extremität ähnliche Elemente „bestattet". Der Befund liegt ebenfalls mit nur einem geringen Versatz – wenn auch in deutlich größerer Entfernung – auf der Sichtachse vom Mittelpunkt der Kreisgrabenanlage durch das Südosttor. Auch hier nimmt die Teilbestattung hinsichtlich ihrer Aus- und Blickrichtung einen deutlichen Bezug zur Kreisgrabenanlage und dem Südosttor.
Kampagne 2012
Ausschnitt aus Geomagnetik-Plan
Ausgangspunkt der Kampagne 2012 war eine im Frühjahr durchgeführte einwöchige geohysikalische Prospektion. Während dieser Prospektion wurde eine ca. 10ha große Fläche unmittelbar südlich und westlich der Kreisgrabenanlage sowie eine 2,5ha große Fläche nordöstlich untersucht werden.
Als Ergebnis der geophysikalischen Untersuchung konnten zahlreiche gruben- und grabenartige Anomalien im Süden der Kreisgrabenanlage und die Fortsetzung des 2005 nördlich der Kreisgrabenanlage untersuchten, nach Nordosten laufenden Gräbchens erfasst werden. Einige der gruben- und gräbchenartigen Anomalien können zusätzlich als Hinseise auf bandjeramische Wohnbauten gedeutet werden. Interessanterweise zeigt der Geophysikplan im Westen der Kreisgrabenanlage - agbesehen von einer neuzeitlichen Kiesentnahmegrube - ein eher homogenes Bild ohne größere Anomalien, die auf eine intensive prähistorische Besiedlung des Areals schließen lassen könnten.
Lehrgrabung Goseck 2012
Hintergrund der Grabung im Jahr 2012 bildete eine Konzentration von hausartigen Strukturen, die während der geophysikalischen Prospektion südlich der Kreisgrabenanlage nachgewiesen werden konnten. Die geophysikalischen Anomalien können u.a. als Pfostengruben und tlw. hausbegleitende Längsgruben bandkeramischer Langbauten interpretiert werden. Als Hauptziel sollten vor allem konkretere chronologische Hinweise zu den Strukturen am Beispiel eines "Hauses" erbracht werden.
Auf der in Hanglage befindlichen und nach Norden deutlich abfallenden ca. 450m2 großen Fläche konnten im Planum, neben zwei Längsgruben und einigen Pfostengruben in der Westhälfte, über ein Dutzend Siedlungsgruben im zentralen und östlichen Teil der Fläche sowie einige weitere Pfostengruben dokumentiert werden.
Soweit typologisch datierbares Material in den Gruben vorhanden war, konnten dieses Befunde der Linienbandkeramik- oder frühen Trichterbecherzeit zugenordnet werden. Obwohl die Fläche einige wenige stichbandkeramische Scherben als Streufunde lieferte, konnte kein Befund sicher der Nutzungszeit der Kreisgrabenalge zugeordnet werden.
Aufgrund schlechter Witterungsverhältnisse konnten die (Haus-)Befunde im Westteil nicht mehr dokumentiert werden. Jedoch scheint anhand des Übergewichts frühneolithischer Scherben im gesamten Bereich der Grabungsfläche sowie der deutlichen Unterrepräsentanz stichbandkeramischer Scherben und anhand einiger architektonischer Merkmale eine Datierung der Hausreste in linienbandkeramische Zeit am wahrscheinlichsten. Soweit beurteilbar handelt es sich um ein nordwest-südost ausgerichtetes Langhaus, dessen nordwestlicher Abshluss außerhalb der Grabungsfläche liegt. Der Südostteil des Hauses, dessen südlicher Abschluss ebenfalls nicht (eventuell erhaltungsbedingt) erfasst werden konnte, wird durch eine Reihe ca. 1m weit auseinander stehender Pfostengruben angezeigt. Der Mittelteil wird von den zwei max. 2m breiten und ca. 8m langen Längsgruben flankiert. Die Befund lassen auf ein mindestens 20m langes und ca. 6m breites Gebäude schließen.
Feldbegehungen vor, während und nach der Grabung erbrachten ebenfalls keine sicheren stichbandkeramischen Scherben. Offensichtlich wurde demnach das Gebiet südlich der Kreisgrabenanlage während der Zeit der Stichbandkeramik-Kultur siedlungstechnisch nicht intensiver genutzt.
Bemerkenswert ist jedoch ein Befund im äußersten Südosten Grabungsfläche. Hier konnten 40cm unterhalb der heutigen Oberkante - und damit knapp unterhalb des Pflughorizontes - menschliche Skelettreste in Form von Teilen eines linken Oberams und ein stark beschädigter Schädel eines erwachsenen Indivisuums dokumentiert werden. Trotz extrem feinem und sauberem Erdabtrags konnten keine Befundgrenzen erkannt werden. Auch in einer Tiefe von mehr als 5cm unter den Knochenresten konnten im Planum keine Verfärbungen erkannt werden, obwohl der Geophysikplan in diesem Bereich eine ca. 1,2 x 0,8m große ovale Anomalie anzeigt. Aus Zeitgründen konnte dieser Bereich leider nicht wie erforderlich weiter geschnitten werden.
Unklar ist ebenfalls, ob es sich bei den Skelettresten um eine zerstörte regelhafte Bestattung handelt - weitere Funde waren nicht vergesellschaftet - oder der Befund als "Teilbestattung" oder "Entsorgung" anzusprechen ist.
Die Gebäuderest im Westteil sollen während kommender Kampagnen in Nachuntersuchungen vollständig dokumentiert werden.
Kampagne 2011
Während der Trassenbegleitung im Jahr 2005 sowie durch großflächige geophysikalischer Prospektionen konnte das Vorhanden eines größeren Grabenwerkes im südlichen Bereiches des Pflaumenweges nachgewiesen werden, das bereits auf Luftbildern in den 1990ern erkannt wurde. Sowohl die Luftbilder als auch die geomagnetischer Prospektionsergebnisse zeigen, dass sich dieses Grabenwerk mit einem weiteren kleineren Graben im Osten des Pflaumenwegs überlagert.
Das größere Grabenwerk scheint einen jungsteinzeitlichen Siedlungsbereich südöstlich der Kreisgrabenanlage zu umfrieden, der sich durch zahlreiche Gruben und einige eventuelle Hausgrundrisse zu erkennen gibt. Da während der Trassenbegleitung 2005 nur keine datierbaren Funde aus dem Grabenwerk gewonnen werden konnten, sollte mit der Grabung 2011 die Datierung des größeren Grabenwerkes geklärt werden. Zusätzlich sollte das chronologische Verhältnis der beiden sich überlagernden Gräben untersucht werden.
2011 wurde daher eine daher eine 15 x 20 m große Fläche über dem Überlagerungsbereich der beiden Gräben geöffnet. Aufgrund der topographischen Situation mussten in der Grabungsfläche terrassenartig mehrere Plana angelegt werden. Die Planumsterrassen folgten dabei ungefähr dem Höhenlinienverlauf.
Für die Befunderkennbarkeit und -interpretation kam dieses Jahr erschwerend ein unerwarteter geologischer Aufbau des Untergrundes hinzu. Während in den vorangegangen Jahren immer ein grundsätzlich gleicher Aufbau erkannt wurde (20 – 50 cm starker Mutterboden + darunter sandig, kiesiges Eiszeitgeschiebe mit größeren Geröllen), ging der Mutterboden mehr oder weniger fließend bis in eine Tiefe von ca. 1,2 m in den mineralischen Untergrund über. Ab einer Tiefe von ca. 50 cm tauchten die erwarteten Gerölle auf, unter denen sich jedoch weiterhin humos durchsetztes Erdmaterial befand. Das erwartete Eiszeitgeschiebe tauchte deutlicher erst ab einer Tiefe von 1 – 1,2 m auf. Eine deutliche Erkennbarkeit und Abgrenzung von Befunden war daher in dem ausgebaggerten Niveau nur schwer möglich.
Trotz dieser Schwierigkeiten setzte sich der größere Graben aufgrund seiner stark organisch durchsetzten Verfüllung deutlich vom umliegenden Erdreich ab. Die Verfüllung des zweiten Grabens war im oberen Bereich deutlich weniger organisch durchsetzt und ließ sich nur unschwer und mit nur mit verwaschenen Befundgrenzen vom umliegenden Erdreich abgrenzen.
Graben I besitzt eine ca. 2 – 4 m breiten und 1,5 – 2 m tiefen wannenförmigen Querschnitt mit durchgehend schwarzgrauer humoser Verfüllung. Der Graben war bis auf einige keramische und lithische Funde nahezu fundleer. Bei den Keramikfunden handelt es sich vorrangig um Funde der Linienbandkeramik.
Graben II ist sowohl in seiner Breite als auch Tiefe deutlich kleiner. Er besitzt einen 1,5 – 0,8 m breiten und maximal 1 m tiefen wannenförmigen Querschnitt, dessen Verfüllung lediglich um unteren Bereich ähnlich humos durchsetzt ist wie Graben I. Soweit Funde auftauchten handelt es sich um unspezifische Keramikfragmente, die nur als allgemein urgeschichtlich angesprochen werden können, sowie um einige Hüttenlehmbrocken. Obwohl anhand der Funde das chronologische Verhältnis der beiden Gräben nicht eindeutig geklärt werden kann, zeigt die stratigraphische Situation deutlich eine jüngere Datierung des Grabens II.
Östlich des erstens Grabens tauchten in der gesamten Fläche beim Putzen mehrfach Scherben der Linienbandkeramik-Kultur sowie einige Mahlsteinfragmente, Klopfsteine, Feuersteinartefakte und einige kleinere Querbeilfragmente auf. Eindeutigen Befunden konnten diese Funde jedoch nicht zugeordnet werden. Auch der Großteil der in den geophysikalischen Prospektionsergebnissen auftauchenden grubenartigen magnetischen Anomalien konnte während der Ausgrabung nicht erfasst werden. So konnten u. a. Hinweise auf ein vermutetes Haus östlich des ersten und nördlich des zweiten Grabens nicht nachgewiesen werden.
Aufgrund unvorhersehbarer logistischer Probleme sowie ungünstiger Witterungsverhältnisse konnte die ausgebaggerte Fläche nur zur Hälfte archäologisch dokumentiert werden. Trotz all der genannten Probleme scheint deutlich, dass es sich bei Graben I um eine Umfriedung eines größeren Siedlungsplatzes der Linienbandkeramik-Kultur handelt, der sich weiter nördlich bis fortsetzt. Das im Vergleich zu den sonstigen Grabungen geringe Findaufkommen ist eventuell mit dem peripheren Verhältnis des Grabens zum eigentlichen Siedlungsraum zu erklären.
Kampagne 2010
Die Kampagne 2010 hatte zum Ziel, einen Befund zu verfolgen, der an der südlichen Grenze der Grabungsfläche 2006/2007 lag und als nördliches Wandgräbchen eines möglichen weiteren bandkeramischen Langhauses angesprochen wurde. Hierzu wurde südlich der Grabungsfläche 2006/2007 ein 10 x 40 m großer Schnitt geöffnet, wobei bereits nach 20 – 30 cm unter der Geländeoberkante der natürlich anstehende sandig, kiesige Boden erreicht wurde.
Im Planum waren zunächst zahlreiche grubenartige Befunde erkennbar, die zum größten Teil flächig von neuzeitlichen Pflugspuren gestört waren. Offensichtlich wurde dieser Bereich stärker als die bisher ergrabenen Flächen durch landwirtschaftliche Aktivitäten in Mitleidenschaft gezogen. Die geringe Stärke des Mutterbodens verdeutlicht zusätzlich, dass hier – anthropogen und natürlich – ein stärkerer Bodenabtrag erfolgt sein muss.
Beim Schneiden der Befunde konnte jedoch nur etwa ein Dutzend als wirkliche anthropogene Befunde dokumentiert werden. Bei diesen Befunden handelt es sich ausschließlich um Siedlungsgruben. In fünf Fällen konnten die Befunde anhand der keramischen Inventare als linienbandkeramisch datiert werden. Der Rest ist entweder undatiert oder neuzeitlich. Ein größerer Grubenkomplex im Nordosten der Fläche erwies sich als Abfallgrube, die in den ersten Jahren nach Kriegsende angelegt wurden und zahlreiche Ziegel mit Putzresten sowie einige Kohlebrikettfragmente, Lederreste, Metallobjekte und einige Knochen enthielt.
Unter den bandkeramischen Gruben fiel lediglich eine ca. 1,2 m breite Grube auf. Die Verfüllung bestand aus stark humosem Material, das in den oberen zwei Dritteln nur mit wenigen Keramik- und Knochenfragmenten durchsetzt war. Die Grube war steilwandig 1,5 m in den Kies eingetieft. Ungefähr 20 cm über dem Grubenboden befand sich das Skelett eines nur wenige Monate alten Kindes, das auf der linken Seite liegend in Hockstellung in der Grube niedergelegt wurde. Direkt neben und unmittelbar über dem Kind fanden sich große Keramikfragmente, die zu einem vollständigen Kumpf zusammengesetzt werden konnten. Daneben fanden sich Scherben von mindestens zwei weiteren Gefäßen.
Obwohl auch für dieses Areal eine Nutzung in linienbandkeramischer Zeit nachgewiesen werden konnte, fehlen sicher datierbare Funde aus der Zeit der Kreisgrabenanlage oder anderer prähistorischer Perioden. Für die im Planum erkennbaren Befunde war es außerdem nicht möglich, Beziehungen zu dem 2006/2007 dokumentierten Wandgräbchens oder anderen Strukturen herzustellen.
Kampagne 2007
Da sich die angenommenen Befunde während der Kampagne 2006 zunächst nicht von der umliegenden humosen Kulturschicht abgrenzen ließen, wurde der entsprechende Bereich 2007 in 2 m x 2 m große Sektoren unterteilt und schachbrettartig ausgegraben, um flächendeckend Längs- und Querprofile als Kontrollmöglichkeit zu erhalten.
Bereits nach einigen Zentimetern waren zahlreiche Gruben und Grubenkomplexe sowie die hausbegleitenden Längsgruben mit mehr oder weniger deutlichen Befundgrenzen zu erkennen. Nur einige wenige Gruben waren erst erkennbar, als der anstehende Kies erreicht wurde und sich die Eintiefungen farblich und durch ihre Substanz klar vom Anstehenden abhoben. Ein Großteil dieser Gruben kann anhand ihrer Verfüllung, Form und Lage als Pfostengruben eines ehemaligen ca. 20 m langen und 8 m breiten Hauses angesprochen werden.
Die Längsseiten des Hauses wurden durch 40–60 cm breite und teilweise bis zu 30 cm in den Kies eingetiefte Pfostengruben gebildet, die in unregelmäßigen Abständen von 1,0–2,5 m lagen. Die Standspuren zeigen, dass in den Gruben bis zu 0,3 m starke Pfosten direkt auf dem Grubenboden oder knapp darüber standen. Rechtwinklig zu den Längspfostenreihen verliefen in Abständen von 3,0–4,2 m vier Reihen von Bindern, deren Gruben einen Durchmesser von 0,8–1,0 m hatten. Größtenteils waren diese Gruben nur bis auf den anstehenden Kies eingetieft, vereinzelt wurde aber auch bis zu 40 cm in den Kies gegraben. Auch in diesen Pfostengruben waren zum Teil noch Standspuren von ca. 50 cm starken Pfosten zu erkennen.
Die Anordnung dieser Querreihen entspricht der Aufteilung in stichbandkeramischen Gebäuden. Hiermit und durch die typische Ausrichtung bandkeramischer Häuser sind bereits erste Hinweise auf eine relative Gleichzeitigkeit des Siedlungsplatzes mit der nur 150 m entfernten Kreisgrabenanlage gegeben.
Interessant waren zusätzlich zwei Befunde, deren Gleichzeitigkeit mit dem Haus zwar nicht sicher, aber nicht unwahrscheinlich ist. So fand sich im nordwestlichen Teil des Hauses eine ovale Grube, die 1,3 m lang, 80 cm breit und noch 50 cm tief erhalten war. Die Grubenfüllung enthielt neben einigen verziegelten Lehmbrocken und vereinzelten stichbandkeramischen Scherben zwei vollständige Mahlsteine, die direkt auf dem Grubenboden lagen.
Bei dem zweiten Befund handelt es sich um eine Grube ohne klare Befundabgrenzung,die offensichtlich direkt an einer zum Haus gehörenden Pfostengrube lag. In ihrer Verfüllung lagen 20 cm über der Grubensohle auf gleichem Niveau ein 30 cm langer durchbohrter Schuhleistenkeil, ein 16 cm langes Querbeil lag sowie ein zweiter, 20,5 cm langer Schuhleistenkeil. Klare Gebrauchsspuren zeigt keiner der Funde. Ganz offensichtlich waren die Geräte vor ihrer Niederlegung also nie in Gebrauch.
Südöstlich und in unmittelbarer Nähe zum Haus konnte eine ca. 3 m lange und 1 m breite längsovale Grube erfasst werden, deren Boden bis zu 50 cm in den anstehenden Kies eingetieft war. Auf dem östlichen Teil des Grubenbodens befand sich eine bis 12 cm dicke Lehmschicht, die aufgrund größerer Hitzeeinwirkung rot gebrannt war. Darüber lag eine noch 40 cm dicke, schwarzgraue aschig-humose Schicht, in deren unterem Drittel sich eine Anhäufung größerer Gerölle fand, unter denen eine große Anzahl von Brocken aus Muschelkalk auffiel. Der Boden des etwas höheren, westlichen Teils bestand aus einer ca. 1 cm starken, grauweißen kalkig-tonigen Schicht, über die sich ebenfalls die schwarzgraue Schicht zog. Aufgrund der verziegelten Lehmschicht im östlichen Teil kann dieser Befund wohl als „Ofen“ angesprochen werden, wobei das Fehlen ungebrannter Grubenränder bei diesem Befund sonderbar erscheint.
Sicher nach-stichbandkeramisch ist ein Befund, der aufgrund seiner Lage zunächst als eventuelle Pfostengrube angesprochen wurde. In der Flucht der östlichen Längswand des stichbandkeramischen Hauses konnte in unmittelbarer Nähe zur Längsgrube eine 40 cm x 60 cm große ovale Grube dokumentiert werden, die die Bestattung eines ca. ein- bis zweijährigen Kindes enthielt. Das Kind lag in Hockstellung auf der rechten Seite mit dem Kopf im Südosten, nach Nordosten blickend. Die Beigabe eines 1o cm hohen verzierungslosen Gefäßes scheint das Grab entweder in eine späte Phase der Stichbandkeramik-Kultur oder in post-bandkeramische Zeit zu datieren und kann somit eventuell auch der Rössener Kultur zugeordnet werden.
Kampagne 2006
Im Jahr 2006 wurde begonnen, eine 20 x 35 m große Fläche östlich der Kreisgrabenanlage zu untersuchen, für die aufgrund der bei der Trassenbegleitung angeschnittenen Befunde sowie der Ergebnisse geophysikalischer Prospektionen das Vorhandensein von Befunden einer mit der Kreidgrabenanlagen zeitgleichen Siedlung angenommen wurden. Erwartungsgemäß kamen unmittelbar unter der Unterkante der Pflugschicht zahlreiche Siedlungsbefunde in Form von Abfallgruben, Pfostengruben und Wandgräbchen zum Vorschein, die als Beleg dafür gewertet werden können, dass das Areal östlich der Kreisgrabenanlage Stelle intensiv während der Linien- und Stichbandkeramik, aber auch in postbandkeramischer Zeit besiedelt war.
Im Osten der Grabungsfläche konnten zahlreiche Pfostengruben dokumentiert werden, die zu mehreren, sich teilweise überlagernden Gebäuden gehören, deren Grundrisse aufgrund des zu geringen Ausschnittes noch nicht ganz erschlossen werden konnten. Das keramische Fundmaterial umfasst Scherben der mittleren und jüngeren Linienbandkeramik sowie der älteren, aber vorwiegend mittleren bis jüngeren Stichbandkeramik. Vereinzelte Stücke gehören in post-stichbandkeramische Zeit und können vor allem der Gaterslebener Kultur zugeordnet werden. Die Steinindustrie umfasst neben dem üblichen Geräteinventar auffallend viele Kernsteine und Präparationsabschläge.
In der Westhälfte der Grabungsfläche – im Bereich der geophysikalisch nachgewiesenen Längsgruben – kamen auf einer Fläche von ca. 200 m2 Reste einer ungestörten Kulturschicht mit jungsteinzeitlichen Befunden zum Vorschein, die sich kleinräumig in einer Senke erhalten hat. Sie bestand aus grauschwarzem, humosem Material mit zahlreichen bandkeramischen Keramikfragmenten, Silexartefakten, Tierknochenbruchstücken, Holzkohleflitter und kleinen Hüttenlehmpartikeln. In diese Schicht waren in einem Abstand von ca. 8 m die bereits in der Geomagnetik erkannten nordwestsüdost-verlaufenden Längsgruben eingetieft,ohne dass sich hier die Grubenränder deutlich absetzten. Diese Gruben sind stark mit verziegelten Wandverputzgfragmenten eines verbrannten Hauses verfüllt, die wohl auch die Ursache für die starken geomagnetischen Anomalien waren.
Aufgrund der Einzigartigkeit dieses Befundes wurde beschlossen, diesen Bereich unberührt zu lassen, wieder abzudecken und erst im folgenden Jahr mit entsprechender Sorgfalt auszugraben.
Kampagne 2005
Neben der eigentlichen Lehrgrabungsfläche nördlich der Kreisgrabenanlage wurde der Pflaumenweg auf seiner gesamten Länge, einer Breite von 1,50m und einer Tiefe von 1,50m baubegleitend untersucht. Neben zahlreichen Gruben konnten ein Graben im südlichen Abschnitt des Weges und die Fortsetzung des in der Lehrgrabungsfläche geöffneten Gräbchens geschnitten werden.
Während der Grabung konnten Informationen zum außerhalb der Kreigrabenanlage liegenden Grabens gewonnen werden.
Die keramischen Funde machen eine Datierung in Gaterslebener Zeit wahrscheinlich. Der Graben scheint demnach einige Jahrhunderte später als die Kreisgrabenanlage angelegt worden zu sein. Interessanterweise wurde durch den Graben ein weiterer Graben überlagert, der ebenfalls Keramik mit Gaterslebener Elementen lieferte.
Bereits während des Abbtragens des Pflughorizontes konnte eine Brandbestattung der Gaterslebener Kultur dokumentiert werden.
In einer ca. 50cm breiten und noch 20cm tiefen Grube befanden sich neben einem Leichenbrandhäufchen zwei Gefäße und zwei Feuersteinklingen. Ein weiteres Grab konnte am Westrand der Fläche dokumentiert werden.
In der ovalen Grabgrube befand sich eine auf dem Rücken liegende Hockerbestattung, deren Beine nach links gekippt waren. Die Blickrichtung des Schädels war Ost-Nord-Ost. In der Grabgrube lagen zusätzlich in unterschiedlichen Niveaus, locker verstreut, Feuersteinabschläge. Die Datierung der Bestattung ist bisher unsicher.
Kampagne 2004
Während der Kampagne 2004 konnte in den Bereichen der Profilstege anhand der Grabenverfüllung der Nachweis eines außerhalb aufgeschütteten Walls erbracht werden. Die Wallaufschütung floß im Laufe der Zeit teilweise in den Graben zurück und war als asymetrische Schicht im oberen Viertel der Grabenverfüllung erkennbar.
In diesem Jahr konnte auch das ehemalige Aussehen der Palisaden weiter konkretisiert werden. Neben erhaltungsbedingten Unterbrechungen im Palisadenverlauf konnten auch ganz bewußte Unterbrechungen und Bereiche mit locker stehenden Pfosten nachgewiesen werden. In der Nordhälfte sind einige dieser blickdurchlässigen Unterbrechungen offensichtlich mit den Auf- und Untergangspunkten der Sonne zur Sommersonnenwende verbunden.
Im gesamten Grabungsgelände wurden Befunde angeschnitten, die teilweise den Graben oder die Palisadengräbchen stören. Sie sind somit jünger als die Kreisgrabenanlage.
Der Graben besaß nicht in allen Bereichen eine einheitliche Verfüllung. Besonders in der Osthälfte fanden sich in der mittleren Verfüllung kompakte Schichten mit zahlreichen, bis Kindskopf großen Geröllsteinen. Eventuell wurden sie nach der eigentlichen Kultplatz-Nutzung der Kreisgrabenanlage als Lesesteine während landwirtschaftlicher Aktivitäten im noch offenen Graben "entsorgt".
Im Südostsektor der Fläche fand sich eine Konzentration von Pfostenlöchern und -gruben, die sich eventuell zu einem ca. 10m breiten, Nordost-Südwest ausgerichteten Gebäudegrundriß verbinden lassen. Die rekonstruierten Ausrichtung dieses Gebäude weist auf eine Errichtung nach stichbandkeramischer Zeit. Datierende Funde gab es in diesem Bereich nicht.
Kampagne 2003
Während der Kampagne 2003 wurde die Grabungsfläche von 2002 zu nahezu 3/4 im Westen wieder geöffnet und nach Süden um ca. 30 m verlängert, um das Südosttor vollständig zu erfassen.
Die Befunde zeichneten sich bereits nach dem Abtragen des Oberbodens farblich und in ihrer Konsistenz deutlich im eiszeitlichen Schotteruntergrund ab. Der Kreisgraben war im Gegensatz zu den Palisadenringen über die gesamte Länge des Schnittes erkennbar. Neben zahlreichen Pfostenlöchern konnten auch einige Gruben dokumentiert werden.
Auch in diesem Jahr wurde die Grabenverfüllung dokumentiert. Die untersuchten Bereiche zeigen wieder einen trichterförmigen ca. 1,50 m tiefen Graben, der sich ab ca. 1,00 m Tiefe zu einem 0,30 m breiten Graben mit nahezu senkrechten Wänden verengte. Die in der unteren Hälfte gebänderte Füllung deutet auf ein abwechselndes natürliches Einschwemmen bzw. -wehen von hellem Löß und humosem Material hin. Die oberen Füllschichten waren hingegen deutlich homogener und scheinen
darauf hinzuweisen, daß der Graben noch längere Zeit - nach der eigentlichen Nutzungsphase? - offen stand.
Westlich des Grabensegmentes wurden die zwei konzentrischen Palisadengräbchen in ihren gesamten Verlauf innerhalb des Grabungsschnittes dokumentiert. Die ca. 20 - 40 cm breiten und 5 bis ca. 40 cm tiefen Gräbchen wiesen Unterbrechungen auf, die in der gleichen Flucht wie das Südosttor des Kreisgrabens lagen. Der ansonsten durchgehende Verlauf des äußeren Palisadenringes endete ca. drei Meter vor der westlichen Schnittkante. In unmittelbarer Nähe des erfaßten Kreisgrabensegment konnten drei Gruben erfaßt werden, die unterschiedliche Verfüllschichten aufweisen und deren Ränder in einigen Bereichen rot geglüht sind. Über die Hintergründe für das Anzünden von Feuern in diesen Gruben kann jedoch momentan nur spekuliert werden.
Die vollständige Erfassung des Südosttores lieferte ein neues Bild der ursprünglichen Torsituation. Der südöstlichen Grabenunterbrechung folgen in gleicher Flucht eine zangenartig nach Innen gerichtete Unterbrechung des äußeren Palisadenringes mit geringerer Breite als die Grabenunterbrechung und eine durch zwei noch enger stehende Pfosten gebildete Unterbrechung des inneren Palisadenringes. Im Südosten konnte ein von der südlichen Torwange in Richtung Südosten verlaufendes Gräbchen dokumentiert werden. Ein ähnliches Gräbchen ist auch durch die Luftbilder und Geomagnetik für das Nordtor belegt.
Am 07.08.03 fand im Festsaal des Schlosses Goseck eine Pressekonferenz statt, zu der zahlreiche Vertreter von Presse, Funk und Fernsehen geladen waren. In insgesamt vier Vorträgen wurden dem Publikum die Ausgrabung, erste archäologische Funde, die archäoastronomische Relevanz der Gosecker Kreisgrabenanlage sowie die Inhalte und Ziele des multimedialen Projektes vorgestellt und erläutert.
Im Anschluß an die Vorträge fand eine Führung durch das Fundlabor und über die Grabungsstelle statt.
Kampagne 2002
Während der Kampagne 2002 wurde ein 50 x 10 m großer Schnitt im Südosten der Grabenanlage, unmittelbar nördlich des SO-Tores untersucht. Hier ließ die Geomagnetik eine sehr gute Befunderhaltung erwarten. Die Grabungsfläche wurde aus grabungstechnischen und didaktischen Gründen in 5 x 5 m große Sektoren unterteilt und dokumentiert.Nach Abtragen des Oberbodens zeichnete sich der Kreisgraben in Farbe und Konsistenz deutlich im eiszeitlichen Schotteruntergrund ab. Das NO-SW verlaufende, 1,50 m breite Grabensegment war auf der gesamten Schnittbreite zu sehen. Westlich wurde es von zwei parallel verlaufenden Gräbchen von ca. 0,30 - 0,40 m Breite begleitet.
Die Querprofile durch die Grabenfüllung zeigten eine trichterförmige Abgrabung, die sich ab etwa 1,00 m Tiefe zu einem 0,30 m breiten Graben mit senkrechten Wänden verengte. Die Sohle wies - wie das Längsprofil erkennen ließ - in ca. 1,50 m Tiefe einen geraden Verlauf auf. Die Füllung war im unteren Teil gebändert, was auf abwechselndes natürliches Einschwemmen bzw. -wehen von hellem Löß und humosem Material zurückzuführen ist. Die oberen Füllschichten waren hingegen deutlich homogener.
Östlich des Erdwerkes zog ein mehrere Pfostenreihen eines Langhaus in die Grabungsfläche. Das eventuell vierschiffige Haus wurde Holzpfosten und lehmverstrichenen Flechtwerkwänden gebaut. Die Kulturzugehörigkeit ist unklar.
Vor der südlichen Längswand wurde jedoch eine Kinderbestattung der Kultur mit Linienbandkeramik entdeckt (ca. 5400 v.Chr.). Dem auf der linken Körperseite in Hockerstellung bestatteten, etwa 1-2 jährigen Kind waren zwei Gefäße beigegeben. Eines war unverziert und lagerungsbedingt zerbrochen. Das andere Gefäß ist vollständig erhalten und weist eine bisher für diese Kultur nicht belegte Verzierungskombination auf. Neben den typischen kurvolinearen bzw. spiralförmigen, eingeritzten und mit Einstichen gefüllten Bändern, befindet sich, von vier Ösen begrenzt, auf einem Viertel des Umfanges eine singuläre Verzierung, die ein komplexes System gleichschenkliger Dreiecken wiedergibt. Anhand der Gefäßform, -verzierung und -magerung ist eine Datierung in die ältere Linearbandkeramik möglich.
Reste einer weiteren Bestattung wurden an der SW-Seite des Grabens, innerhalb der Verfüllung einer unmittelbar am inneren Palisadengräbchen gelegenen Grube freigelegt und dokumentiert. Die unvollständige Erhaltung des Skelettes und einzelne aus dem anatomischen Verbund gelöste Skelettelemente lässt bei der Deutung sowohl an ein eventuell bereits alt gestörtes Grab mit sekundär verlagerten Knochen, eine regellose Niederlegung eines Toten oder eine sogenannte „Sonderbestattung" einzelner Skelettelemente denken. In der Nähe des Skelettes fanden sich lediglich eine Pfeilspitze und Ockerspuren.
Die bisher geborgenen archäologischen Funde sind zwar nicht sehr umfangreich, jedoch lassen sich vor allem einzelne verzierte Scherben chronologische gut einordnen. Sowohl die Füllschichten der untersuchten Gruben wie auch des Kreisgrabens gehören demnach in die ältere Stichbandkeramik (etwa zweite Hälfte des 5. Jahrtausends v. Chr.). Die Hausbefunde und die Kinderbestattung sind hingegen älter und stammen aus einer älteren Phase der vorangehenden Linearbandkeramik. Die zweite Bestattung im Innern des Erdwerkes kann derzeit noch nicht genau datiert werden. Sie wird jedoch weder von jüngeren Befunden gestört, noch stört sie selber ältere.
Die Ausgrabungen in der Kreisgrabenanlage von Goseck werden im Sommer 2003 fortgesetzt werden. Längerfristig planen wir, die gesamte Anlage aber auch das sie umgebende Siedlungsareal vollständig systematisch freizulegen und zu untersuchen, um damit ein komplettes Bild über Entstehung und Funktion derartiger Erdwerke zu erhalten. Die nächsten Kampagnen sollen durch intensive Flurbegehungen der gesamten Mikroregion von Goseck und paläobotanische, archäozoologische und bodenkundliche Analysen ergänzt werden.